Als ich den Untertitel von Homo Deus gelesen habe (Eine Geschichte von Morgen), habe ich etwas anderes erwartet, als was ich dann bekommen habe. Zum Glück.
Ich habe nämlich befürchtet, dass es ein Buch von fantastischen Ideen ist, das uns eine Zukunft aufzeichnet, in der wir alle mit fliegenden Autos von A nach B kommen und uns von rosaroten und blauen kleinen Pillen ernähren, die in kompromierter Form alles enthalten, was zu einem gesunden Leben nötig ist.
Darum ging es bei Harari jedoch nicht, auch wenn er sich viele Gedanken darüber gemacht hat, was uns in der Zukunft erwartet. Er blieb aber nicht bei der technologischen Entwicklung stehen, sondern versuchte herauszufinden, wie sich unser Glauben entwickelt wird, was im Mittelpunkt des menschlichen Denkens stehen wird, wo unsere Prioritäten sein werden – und wie wir Menschen uns entsprechend dieser Prioritäten verändern werden.
Was passiert mit einer Gesellschaft, wenn alle deutlich langer und gesünder leben, wie heute? Was passiert mit einer Gesellschaft, wenn Aufgaben, die heute viele Menschen benötigen, nun von Maschinen erledigt werden können? Wonach werden Menschen streben, wenn Kriege, Hungernöte und tödliche Epidemien nur noch aus Geschichtsbüchern bekannt sind?
Yuval Noah Harari ist Historiker mit einem enormen Wissen. Was mich unglaublich beeindruckt hat (daneben, dass er genauso alt ist, wie ich und seine Zeit anscheinend klüger genutzt hat), war seine Fähigkeit, Zusammenhänge über Jahrhunderte hinweg zu erkennen. Wie ein Schritt, den die Menschheit vor hunderten von Jahren getan hat, dazu führt, dass wir heute nun dort stehen, wo wir stehen. Alles erscheint logisch und wenn man beim Lesen doch das Gefühl hat, dass er doch irgendetwas vergessen hat, dann beantwortet er genau diese Frage im nächsten Satz.
Das gab mir das Gefühl, dass meine Einwände und Fragen hört, dass wir uns unterhalten.
Es passiert mir selten, dass ich ein Sachbuch praktisch verschlinge, aber dieses Buch ließ sich nicht anders lesen. Und als ich am Ende war, hatte ich so viele neue Gedanken und sah unsere Welt mit neuen Augen.
Ob unsere Zukunft sich tatsächlich so entwickelt, wie Harari sie aufgezeichnet hat, weiß ich nicht. Ehrlich gesagt hoffe ich, dass er unrecht hat. Es ist keine schöne Welt. Allerdings ist er auch nicht der einzige, der uns einen Spiegel hält und einen Ausblick in eine Zukunft gibt, die mir ganz und gar nicht gefällt. Sind das Warnungen? Weckrufe?
Gut möglich.
Ich gebe zu, dass ich ohne mein Handy nicht mehr aus dem Haus gehen kann. Und ein Handy ohne WLAN ist auch unvorstellbar. Und ich kann gar nicht sagen, wie oft ich am Tag bei Facebook & Co. reinschaue, eigentlich nur um festzustellen, dass ich nichts verpasst habe. Und ich trage auch noch eine Uhr, die alle möglichen Daten über micht festhält. Treibe ich damit geradewegs auf diese erschreckende Zukunft zu?
Sehr wahrscheinlich.
Ich habe keine gute Antwort darauf, was man tun kann, um die Zukunft zu ändern. Manchmal denke ich auch, dass alles seinen Weg geht, egal, was wir einzelne Menschen tun. Und vielleicht kommt alles immer wieder mal zu einem Punkt, an dem Menschen überflüssig werden, das Ende aber irgendwie abwenden und alles von Neuem beginnen.
Mein Kopf ist voller Gedanken, Fragen, Ideen, Wünschen… und das habe ich einem Buch zu verdanken. Das gibt mir doch Hoffnung.
Diverses
Der erste Satz:
Bei Anbruch des dritten Jahrtausends erwacht die Menschheit, streckt ihre Glieder und reibt sich die Augen.
Impressum:
Autor: Yuval Noah Harari
Titel: Homo Deus
Untertitel: Eine Geschichte von Morgen
Übersetzung aus dem Englischen: Andreas Wirthensohn
Seitenzahl: 576
Verlag: C.H. Beck
Erschienen: 2017
© Verlag C.H. Beck oHG
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