Wenn man den Namen Aldous Huxley hört, denkt man automatisch an sein bekanntestes Werk, Schöne neue Welt. Sein erster Roman, Eine Gesellschaft auf dem Lande lässt nich viel vom späteren Science-Fiction-Klassiker ahnen. Der deutsche Titel (im Original Crome Yellow) ist sehr geradeheraus und verrät es uns gleich, worum es in diesem Erstlingswerk geht: ganz simpel um eine Gesellschaft auf dem Lande. Der Roman erschien 1921 und spielt auch um diese Zeit herum. Erzählt werden die Geschehnisse einiger Tage, die Gäste und Gastgeber in einem englischen Landhaus verbringen. Das Haus und die Leute erinnern an Downton Abbey, nur in bescheideneren Verhältnissen.

Und mit weniger Drama. Es geht hier eher langsam und gemächlich zu, es passiert nicht viel, aber das Buch wird dadurch nicht weniger interessant – außer jemand erwartet viel Aktion, dann ist dieses Buch definitiv nicht für ihn. Huxley erzählt mit viel (Selbst-)Ironie und Humor über Leben und Leute, und dabei entsteht eine wunderbar gesellschaftskritische Satire.
Die erste Figur, die wir kennenlernen, ist ein junger Dichter, der nach Crome zu Besuch fährt, um wie schon so oft, einige Monate bei Freunden zu verbringen. Er hat sein Fahrrad dabei, gesteht aber gleich, dass es eher eine schöne Vorstellung ist, sich morgens früh in den Sattel zu schwingen und eine Runde zu drehen, in Wahrheit steht er dafür jedoch nie früh genug auf. Als er sich dann Crome nähert und die Windungen des Weges bewundert, verbringt er ewig lange Zeit auf der Suche nach einem Wort, das seinen hohen dichterischen Ansprüchen entspricht, findet es jedoch nicht, wie sehr er sich auch anstrengt. Es lässt sich stark vermuten, dass Huxley in dieser Figur sich selbst verewigt (und belächelt) hat.
Bis heute wird der Roman im englischen Sprachraum hochgeschätzt, was nicht nur daran zu erkennen ist, dass er in der Liste der 1000 Bücher, die man vor seinem Tod lesen sollte aufgeführt ist (und somit auch Teil meines 478 Bücher Projekts ist), auch eine kurze Google Suche macht das deutlich:
Eine Gesellschaft auf dem Lande liefert tolle Charaktere, einige auch heute noch sehr witzige Geschichten, einen Blick in das Leben einer nicht mehr so ganz wohlhabenden Schicht in England nach dem ersten Weltkrieg, und einige sehr verblüffende Prophezeihungen von Huxley, zum Beispiel was die aus dem europäischen Faschismus entstehende Gefahr angeht.
Es ist ein kurzes und unterhaltsames Büchlein, und wieder einmal bin ich froh, mein Projekt angefangen zu haben, sonst hätte wahrscheinlich nie davon gehört.
Diverses
Der erste Satz:
Auf dieser Strecke hatte noch nie ein Schnellzug verkehrt.
Weitere Meinungen zum Buch:
Ich habe leider keine gefunden.
Impressum:
Autor: Aldous Huxley
Titel: Eine Gesellschaft auf dem Lande
Seitenzahl: 248
Verlag: dtv
Erschienen: 1981
© R.Piper & Co. Verlag
Ich mag Huxley sehr und habe daher vor alles von ihm zu lesen. Chrome Yellow habe ich bisher noch nicht gelesen und hielt es aber in der Tat aufgrund des Titels eher für was dystopisch-scifi artiges. Aber gut, dann stell ich mich auf eine Huxley’sche Downtown Abbey ein – auch ok 😉
Ja, ich war auch sehr überrascht, ich habe aber auch den Eindruck, dass er hier mit seinem bis dahin geführten Leben abrechnet. Und bei einem Erstlingswerk ist es eigentlich auch nicht so überraschend, wenn es noch anders ist, als das, was danach kam. Ich kenne allerdings sonst nur Eine schöne neue Welt von ihm, kann es also nicht so recht beurteilen. Die Idee finde ich aber gut, alles von ihm zu lesen 🙂
Von den elf Romanen, die Aldous Huxley geschrieben hat, habe ich zehn gelesen. Die meisten auf Englisch, und selbst wenn man sich nicht völlig sicher mit Englisch fühlt, würde ich sehr dazu raten, denn die Sprache macht einen großen Reiz aus.
Ich finde die Romane lesenswert, weil Sie wichtige Ideen des menschlichen Lebens ausloten. Manchmal gibt es über Seiten im Grunde philosophische Dialoge. Aber zugleich sind es auch Romane mit satirischem Witz.
Neben „Brave New World“ würde ich vor allem „After Many a Summer“ (dt. „Nach vielen Sommern“) empfehlen.