Angela und Karlheinz Steinmüller: Andymon

Ein Klassiker der ostdeutschen Science-Fiction, 1982 erschienen, inzwischen also schon 37 Jahre alt. Science-Fiction ist ein Genre, in dem es gar nicht so leicht ist, Werke zu schreiben, die auch Jahrzehnte nach ihrem Erscheinen noch relevant sind und nicht veraltet wirken. Geschichten, die einmal eine fantastische Zukunft skizziert haben mit unglaublichen technischen Innovationen, können bereits einige Jahre später lächerlich wirken. Das ist diesem Buch nicht passiert.

Andymon erzählt vin einem Raumschiff, das zu einer unbekannten Zeit von unbekannten Personen auf eine lange Reise geschickt wurde. Das Schiff verfügt über eine besondere Technologie, die es ermöglicht, alle paar Wochen neue Kinder in die Welt zu setzen. Das Genpool ist groß, die Kinder entsprechen all den unterschiedlichen Variablen der menschlichen Rasse, die man auf der Erde vorfinden kann. Erwachsene Menschen gibt es auf dem Schiff nicht, die Kinder werden von Robotern erzogen.

Erzählt wird die Geschichte von einem der ersten Kinder, Beth. Er wurde als zweiter in diese hermetisch verschlossene Welt eines Raumschiffs geboren. In ihren ersten Jahren laufen die Kinder alle nackt herum, kennen weite Teile des Schiffs gar nicht, denn sie haben keinen Zugang zur Steuerung und vieles ist vor ihnen verschlossen. Sie sind aber unbekümmert und glücklich, und toben sich die meiste Zeit im großen Naturpark des Schiffes aus. Mit den Jahren erfahren sie immer mehr über die Erde, und auch über das Schiffs. Und langsam wird auch klar, wohin sie unterwegs sind: Sie sollen auf einem unbekannten Planeten neues Leben erschaffen.

In diesem Roman geht es um das Leben ohne die Erde. Wie und warum die Menschheit dieses Schiff gebaut und auf diese lange Reise geschickt hat, ist unklar. Hat es eine Umweltkatastrophe gegeben? Oder einen alles vernichtenden Krieg? Das weiß niemand. Und die Antworten sind nach einer Weile auch nicht mehr interessant. Viel wichtiger ist es, für die Kinder des Schiffs eine neue Welt zu schaffen. Und einige denken auch darüber mach, weitere Welten für die Menschheit zu erschließen.

Eine interessante und inspirierende Zukunftsvision, gerade heute. Wir haben es geschafft, uns an den Rand einer Umweltkatastrophe zu bringen, die wir wahrscheinlich nicht mehr aufhalten können. Es gibt keinen Plan B und es gibt auch keinen zweiten Planeten, auf den wir ausweichen könnten. Wir sind in Wahrheit sogar sehr weit davon entfernt, irgendwo anders ein neues Leben anfangen zu können, wir sind gerade mal froh, endlich wieder einmal zum Mond zu fliegen…

So interessant die Ideen auch waren, so problematisch fand ich die Charaktere des Romans. Die meisten bleiben nur Namen ohne Gesichter, was vielleicht sogar so gewollt ist. Denn die Namen entstammen alle dem griechischen Alphabet. Sie sollen nicht mehr aussagen, als die bloße Reihenfolge der Geburt der Kinder. Eine Geschichte ohne greifbare Charaktere ist jedoch etwas blutleer. Es fehlt an Spannung, zumindest in der ersten Hälfte des Buches, aber auch danach kommt kein großes Tempo auf.

Empfehlen kann ich das Buch also eher denen, die nicht nach Action suchen, sondern sich auch damit zufriedengeben, über eine mögliche Zukunft nachzudenken. Ich hätte mich auch über etwas mehr technischen Hintergrund gefreut. Hier scheinen Kinder und Roboter alles zu wissen, das Schiff ist eine wahre Zauberkiste, da hätten einige Ausflüge in die Technik gutgetan – ich weiß aber, dass gerade das viele Leser abgeschreckt hätte. Für mich insgesamt ein tolles Leseerlebnis, vielen Dank an dieser Stelle an meinen Kollegen, der mir das Buch auf meinen Tisch legte.


Diverses

Der erste Satz:

Es gibt eine Reihe von Fragen, die sich der Mensch wieder und wieder stellt.

Impressum:

Autor: Angela und Karlheinz Steinmüller
Titel: Andymon. Eine Weltraum-Utopie
Seitenzahl: 279
Verlag: Verlag Neues Leben
Erschienen: 1982
© Verlag Neues Leben

2 Kommentare zu „Angela und Karlheinz Steinmüller: Andymon

  1. Vielen Dank für diesen besonderen Lesetipp. Ich halte immer mal Ausschau nach nachdenklichen und anspruchsvollen Sci-Fi-Perlen, zumal der Band auch aus einem anderen Grund für mich interessant ist, da er in der DDR erschienen ist. Viele Grüße

    1. Es freut mich, dass ich hier einen Tipp geben konnte. Ich konnte nicht wirklich einschätzen, wie weit das Buch bekannt ist, da ich nicht in Deutschland aufgewachsen bin.
      Viele Grüße
      Esther

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