Dieses Buch war nicht einfach zu lesen, ich habe es immer wieder weggelegt und nach einer Pause wieder weitergelesen. Es geht Seite um Seite darum, wie sehr benachteiligt Frauen praktisch in jeder Lebenslage sind. Sei es in der Arbeit oder auch nur auf dem Weg zur Arbeit, beim Arzt oder in der Schlange vor der Toilette (oh ja, das kennt jede Frau!). Die Welt richtet sich nach Männern und deren Bedürfnissen, Frauen werden übersehen. Kapitel um Kapitel werden neue Ungerechtigkeiten aufgedeckt.
Weltweit werden 75 Prozent der unbezahlten Arbeit von Frauen verrichtet. Die Frauen bringen damit zwischen drei und sechs Stunden täglich zu – Männer nur 30 Minuten bis zwei Stunden.
Seite 104
Die Autorin ist eine echte Kämpferin. Caroline Criado-Perez (Jahrgang 1984) ist nicht nur Journalistin und Buchautorin, sie hält auch Vorträge und gehört zu den bedeutendsten feministischen Aktivistinnen der heutigen Zeit. Sie hat mehrere erfolgreiche Kampagnen geleitet, und hat zum Beispiel mit ihrer Beharrlichkeit erreicht, dass es heute eine britische Banknote gibt, auf der eine Frau abgebildet ist.
Sie kennt ihr Metier in- und auswendig, das merkt man. Und man merkt beim Lesen auch ihren unermüdlichen Kampfgeist. Und wahrscheinlich ist genau das, was mich einen Schritt nach hinten machen ließ. Vielleicht liegt es auch an der aktuellen Situation, in der man sich lieber auf das Positive konzentriert. Oder daran, dass ich generell postiv eingestellt bin und versuche, in jeder Situation das Gute zu erkennen. Dieses Buch empfand ich als ausgesprochen negativ und mein Kampfgeist wurde in diesem Fall gebraucht, um weiterzublättern.
Das Buch ist mit etlichen Details gefüllt, eine Statistik folgt der anderen, auf knapp über 400 Seiten finden sich über 1300 Referenzen. Das schadet dem guten Schreibstil nicht viel, er bleibt flüssig. Trotzdem hat man das Gefühl, dass es hier darum geht, so viele Daten, so viele Ungerechtigkeiten wie nur irgendmöglich aufzureihen. Das wirkt nach einer kurzen Zeit bereits repetitiv. Und wie gesagt, ohne das Gefühl, dass wir uns auf eine Lösung hinbewegen.
Das alles heißt aber nicht, dass ich dieses Buch nicht zum Lesen empfehlen möchte. Es öffnet die Augen, zeigt auf Zustände hin, die uns meistens überhaupt nicht bewusst sind. Man kommt hier jedoch nie zum Durchatmen, und man bekommt das Gefühl, dass es hier keine Lösung, keine Wendung zum Guten gibt. Und das ist nicht meine Weltanschauung. Für andere Leser kann es aber genau das Buch sein, dass ihre Augen öffnet, und deshalb möchte ich hier eher jeden dazu ermutigen, es in die Hände zu nehmen und ihm eine Chance zu geben.
Diverses
Herzlichen Dank an dieser Stelle an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar.
Meine Bewertung:
Der erste Satz:
Der Großteil der Menschheitsgeschichte ist eine einzige Datenlücke.
Impressum:
Autor: Caroline Criado-Perez
Titel: Unsichtbare Frauen
Übersetzung aus dem Englischen: Stephanie Singh
Seitenzahl: 494
Verlag: btb
Erschienen: 2020
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