Mary L. Trump ist die Nichte des amerikanischen Präsidenten, Donald Trump. Sie hat viel Zeit im Hause ihrer Großeltern verbracht und kennt dadurch die ganze Familie, so auch ihren Onkel sehr gut. Und als promovierte Psychologin kann sie ihre persönlichen Eindrücke mit Fachwissen ergänzen. Sie spricht sich in ihrem Buch – das rechtzeitig vor den Wahlen in den USA erschienen ist – eindeutig gegen eine Neuwahl von Donald Trump aus und zeichnet ein Bild von ihm, das einen erschaudern lässt.
Wenn ihm eine zweite Amtszeit gewährt wird, bedeutet das das Ende der amerikanischen Demokratie.
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Deutliche Worte. Doch wie kommt es dazu, dass ein Mitglied der näheren Familie sich genötigt fühlt, diese auszusprechen? Einen möglichen Grund nennt Mary L. Trump gleich am Anfang: Sie und ihr Bruder wurden nämlich enterbt. Für die meisten wohl Grund genug, um sich jetzt auf die Seite der Trump-Gegner zu schlagen. Doch Mary Trump behauptet, dass sie andere Gründe hätte. Da sie einen besseren Einblick in die Persönlichkeit von Donald Trump habe, wollte sie einfach nicht mehr schweigen. Aber wer hier jetzt eine psychologische Analyse erwartet, wird enttäuscht sein. Denn trotz gegenteiliger Behauptung scheint es Mary Trump doch in erster Linie darum zu gehen, ihre persönliche Geschichte bzw. die Geschichte ihres Vaters zu erzählen.
Es war Fred Trump Sr. (der Vater von Donald Trump), der nach dem Tod seines Vaters, eines deutschen Einwanderers, ein Immobilienimperium praktisch aus dem Nichts aufgebaut hat. Als Kopf des Unternehmens suchte er unter seinen Kindern einen würdigen Nachfolger. Beziehungsweise kamen dafür natürlich nur die Söhne in Frage, die Rollentrennung zwischen den Geschlechtern hätte in der Familie nichts erlaubt. Der älteste Sohn, der Vater von Mary L. Trump, war jedoch nicht wirklich darauf vorbereitet, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Er wollte als Pilot Karriere machen, ein Wunsch, der beim Vater nur auf Verachtung traf. Auch sonst hat Frederick früh bewiesen, dass er nicht das Zeug hat, das Unternehmen zu leiten und vor allem nicht stark genug ist (denn Stärke zu zeigen ging über alles), um das Wohlwollen seines Vaters zu gewinnen. All das führte zu einer angespannten Situation, und dazu, dass der deutlich jüngere Donald ganz früh gelernt hat, was er besser nicht tun soll, um nicht negativ aufzufallen. Stärke zeigen, von den eigenen überragenden Fähigkeiten überzeugt sein, bei Bedarf lügen: Wenn man das schafft, wird man vom eigenen Vater beachtet und geachtet.
Der eine Sohn brach unter diesen Erwartungen zusammen und starb sehr früh, der andere ist heute der mächtigste Mann der Welt.
Mary L. Trump gibt damit eine gute, wenn auch doch vielleicht vereinfachte Erklärung für die Persönlichkeit Donald Trumps, die wir in den Medien erleben und über die die meisten von uns nur den Kopf schütteln können. Sie gibt auch einen Einblick in das Leben einer Familie, in der der Wert eines Menschen davon bestimmt wird, wie viel Geld er auf seinem Konto hat. Und dies auch dann, wenn es sich dabei um Familienmitglieder handelt.
Das Buch von Mary L. Trump ist schnell gelesen und das ist eins der positivsten Merkmale. Es ist zwar interessant und gut geschrieben, aber da es der Autorin in erster Linie darum geht, die Geschichte ihres Vaters zu erzählen, werden sicher viele enttäuscht sein. Denn Titelbild und Werbung versprechen etwas anderes, was letztendlich geboten wird. Donald Trump steht über lange Strecken nicht im Mittelpunkt – darüber wird er wohl am meisten enttäuscht sein.
Diverses
Herzlichen Dank an dieser Stelle an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar.
Meine Bewertung:
Der erste Satz:
Vieles in diesem Buch entstammt meiner Erinnerung.
Impressum:
Autor: Mary L. Trump
Titel: Zu viel und nie genug
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Christiane Bernhardt, Pieke Biermann, Gisela Fichl, Monika Köpfer und Eva Schestag
Seitenzahl: 288
Verlag: Heyne
Erschienen: 2020
© Wilhelm Heyne Verlag
Danke für deine Rezension!
Sehr gerne – und sorry, das Kommentar habe ich erst jetzt gesehen!