Joe Biden: Versprich es mir

Joe Biden Versprich es mir

Joe Biden ist der designierte 46. Präsident der Vereinigten Staaten und wurde erst vor Kurzem zusammen mit Kamala Harris vom Time Magazin zur Person des Jahres gewählt. Obwohl er zuvor bereits acht Jahre lang der Vizepräsident von Barack Obama war, wusste ich bis jetzt nicht viel über ihn. Es war also an der Zeit, dass ein Buch über Joe Biden erscheint, damit man diese Wissenslücke schließen kann. Und der Verlag C.H. Beck hat die Gelegenheit auch sofort ergriffen. „Versprich es mir“ von Joe Biden ist im Original bereits 2017 erschienen und wurde rechtzeitig zur amerikanischen Präsidentenwahl übersetzt.

Bei all meinen Fragen, wer dieser neue Präsident denn nun eigentlich ist, wollte ich gerade dieses Buch nicht lesen. Biden arbeitet darin nämlich den Tod seines älteren Sohnes auf, was eine sehr traurige Lektüre verspricht. Als das Buch dann zu meiner Überraschung in meinem Postkasten lag, habe ich es doch in die Hand genommen und wurde in meinen Erwartungen zwar bestätigt, aber gleichzeitig auch positiv überrascht. Denn dieses Buch ist viel mehr als die Geschichte eines Verlusts.

Joe Biden hat vor vielen Jahren seine erste Frau und seine Tochter bei einem Autounfall verloren. Seine beiden Söhne, Beau und Hunter, saßen ebenfalls mit im Auto, überlebten den Unfall aber. Es hat Biden sehr viel Kraft gekostet einen neue Anfang zu starten mit einer neuen Frau an seiner Seite. Eine große Rolle spielte dabei seine Karriere als Politiker. Er stieg dabei immer weiter nach ober und konnte für die Ziele kämpfen, die für ihn wichtig waren. Man würde meinen, ein weiterer Schritt nach oben ist für ihn dann mehr als willkommen gewesen, doch als ihn Barack Obama 2008 fragte, ob er sein Vizepräsident sein möchte, hesitierte er. Denn auch wenn er eine Präsidentschaft Obamas sehr stark befürwortete, Vizepräsident werden wollte er nicht. Das ist keine Position, die sich jemals ein Politiker wirklich gewünscht hat. Biden erzählt mit viel Humor über seine Vorgänger in dieser Rolle, deren Namen man heute kaum noch kennt. Es war Bidens Familie, allen voran sein Sohn Beau, die ihn überredet haben, den Schritt zu wagen. Denn wie kann er einerseits dafür sein, dass die USA den ersten schwarzen Präsidenten wählen und gleichzeitig gerade diesem nicht helfen, wenn er darum bittet? Also willigte Biden ein, mit der Auflage, dass er immer die letzte Person sein will, die Obama einen Rat geben kann und dass er sich um wichtige Themen in der Außenpolitik kümmern kann.

Nun war er also Vizepräsident mit deutlich gewichtigeren Aufgaben, als es jemals in dieser Funktion der Fall war. Er vermittelte in Konfliktsituationen im Irak, in der Ukraine und in Zentralamerika. Mitten in seiner Amtszeit kommt die schockierende Nachricht: Sein Sohn Beau hat Gehirntumor. Bald stellt sich heraus, dass es sich dabei um einen bösartigen Tumor handelt. Im Buch wechseln sich die Szenen ab – Biden kämpft dafür, dass tief verfeindete Parteien an unterschiedlichsten Punkten der Welt einen Kompromiss finden und gleichzeitig kämpft sein Sohn um sein Leben. Beau ist gewillt alles zu probieren, was die moderne Medizin zu bieten hat. Doch der starke, sportliche junge Mann, in dem viele einen kommenden amerikanischen Präsidenten sahen, wird vor den Augen seiner Familie immer schwächer. Während Beau Entscheidungen über seine Behandlung trifft, wird Joe Biden ebenfalls mit einer Entscheidung konfrontiert: Stellt er sich nach Obamas Amtszeit als Präsident zur Wahl? Womit hilft er seinem Sohn am meisten, wenn er an seinem Bett sitzt oder wenn er die politischen Träume seines Sohnes umsetzt? Denn gerade dieser Sohn, der im Sterben liegt, wünscht sich nichts sehnlicher, als dass sein Vater als Präsident kandidiert.

Obwohl es eine sehr persönliche Geschichte ist, ist sie durch die Person des Erzählers auch eine sehr politische. Und dadurch wirkt sie teilweise wie Teil einer Kampagne. Biden ist sehr bedacht, über seine politischen Ansichten zu sprechen und sehr detailliert über seine Tätigkeit als Vizepräsident zu berichten. Das macht das Buch nicht weniger lesenswert, hat aber doch einen komischen Beigeschmack. Auf der anderen Seite macht gerade diese große Portion an Politik es einfacher, die Tragik der Geschichte zu verarbeiten. Und das ist es wahrscheinlich, was der Vater Joe Biden gebraucht hat, um über den Tod seines Sohnes überhaupt erzählen zu können.

Der Leser bekommt einen guten Einblick in das Leben und die Politik Bidens, wenn natürlich auch sehr einseitig dargestellt. Mich macht das jedenfalls sehr gespannt darauf, wie sich Bidens Präsidentschaft entwickeln wird.


Diverses

Vielen Dank an dieser Stelle an den C.H. Beck Verlag für das Rezensionsexemplar.

Der erste Satz:

Die Tage wurden nun kürzer, und es hatte bereits die Dämmerung eingesetzt, als sich das Tor unseres vorübergehenden Zuhauses öffnete und unsere Autokolonne den Grenzzaun passierte, welcher das United States Naval Observatory in Washington D.C., umgab.

Impressum:

Autor: Joe Biden
Titel: Versprich es mir
Aus dem Amerikanischen: Henning Dedekind und Friedrich Pflüger
Seitenzahl: 250
Verlag: C.H. Beck
Erschienen: 2020
© Verlag C.H. Beck oHG

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