Schwarzpulver ist der erste Roman von Laura Lichtblau, davor hat sie Lyrik und kürzere Prosa geschrieben und diese lyrischen Wurzeln merkt man sicherlich auch an der feinen Sprache ihres Romans. Die Geschichte spielt in Berlin zwischen Weihnachten und Neujahr. Welches Jahr wir schreiben ist schwer zu sagen, es könnte heute sein oder in einer nicht sehr weiten Zukunft. Doch es ist nicht wirklich unsere Zeit und nicht unser Berlin. Zum Glück. Denn in dieser dystopischen Welt ist alles verboten, was anders ist.
Es wächst, was wachsen darf und was wachsen soll, was nicht zu bunt ist und nicht zu extravagant.
Seite 170
Erzählt wird die Geschichte aus der Blickwinkel dreier Figuren. Burschi ist eine junge Frau, die ihre bayrische Heimat für die Großstadt verlassen hat. Als sie sich in Johanna verliebt und diese Liebe leben will, wird ihr schmerzlich bewusst gemacht, dass das in dieser Welt nicht erwünscht ist. Charlie träumt davon, Musiker zu werden und entdeckt nach und nach, dass man sich hier nicht so einfach verwirklichen kann. Seine Mutter, Charlotte, lebt in Angstzuständen und bekämpft diese auf eine eigenartige Weise: Sie lässt sich von der Bürgerwehr zum Präzisionsschützen ausbilden. Auf wen und warum sie bei Bedarf mitten in der Stadt schießen soll, scheint es dabei für niemanden eine Rolle zu spielen.
Die Parolen, die dumpfen Gedanken kommen bekannt vor. Nicht nur aus der Vergangenheit, auch heute hört man immer wieder solche Töne. Die Welt in Laura Lichtblaus Roman ist kaum von unserer Wirklichkeit zu unterscheiden, wenn man nicht sehr tief gräbt, sind es nur Nuancen. Und genau das lässt unsere Welt so zerbrechlich erscheinen. Als würden wir einen Seiltanz vollführen: Eine falsche Bewegung und es ist alles vorbei. Denn wir alle kennen mindestens einen Benno persönlich. Im Roman ist er eine Kollege von Charlotte:
(…) Benno sagt, Ich bin froh das meine kleine Dietrun nicht dieselbe Gehirnwäsche bekommt wie ich damals in meiner Schulzeit. Den ganzen Blödsinn mit den Zwischendingern, den sie uns da eingeredet haben, als würden Mann und Frau nicht reichen. Er drückt mir einen Zeigefinger in die Brust, er sagt, Du bist eine Frau, Charlotte, und ich, er greift sich in den Schritt, ich bin ein Mann. Und Dietrun lernt genau das.
Seite 75
Der Einstieg in den Roman fiel mir nicht einfach, eben weil es so schwer festzustellen war, wo wir sind, was die Wirklichkeit des Romans ist, aber nach dieser Anfangsphase lässt sich das schmale Büchlein nicht mehr aus der Hand legen. Die Figuren kommen miteinander im Berührung und spätestens ihre Begegnung setzt einiges in ihrem Inneren in Bewegung. Als Leser, quasi Zuschauer, kann man ihnen nur die Daumen drücken, dass die Freiheit in ihr Leben Einzug hält. Und gleichzeitig ist man für die eigene Freiheit einmal mehr im Leben besonders dankbar.
Diverses
Vielen Dank an dieser Stelle an den C.H. Beck Verlag für das Rezensionsexemplar.
Der erste Satz:
Die Wintersonne kippt ihr helles Licht über den Garten und alles gleißt auf: die Regentonne, die Schubkarre ganz hinten in der Ecke, die Rosenkugeln, die aus den Beeten ragen wie leuchtend bunte Kinderköpfe.
Impressum:
Autor: Laura Lichtblau
Titel: Schwarzpulver
Seitenzahl: 202
Verlag: C.H. Beck
Erschienen: 2020
© Verlag C.H. Beck oHG
Oh das klingt doch nach einem Buch für mich 🙂 Schöne Weihnachten Esther!
Ja, das könnte dir tatsächlich gefallen, ich schicke es dir 🙂 Schöne Weihnachten, Sabine!
ohhh wie lieb – danke Esther! 🙂