Ein Klassiker der Science-Fiction-Literatur, wobei in diesem Fall „Blade Runner“, die Filmversion von Ridley Scott besser bekannt ist. Das ist wohl auch der Grund, warum die Ausgabe, die ich mir aus der Bücherei geholt habe, diesen Titel trägt und nicht den, den ihr der Autor gegeben hat. Ich war sehr gespannt auf den Roman, wollte ihn schon lange lesen, und wurde insgesamt nicht enttäuscht. Besonders überrascht hat mich, wie gut diese Geschichte die Zeit seit ihrer Entstehung (1968) überstanden hat, und vielleicht sogar an Aktualität gewonnen hat.
Worum geht es? Wir sind in der für den Roman fernen Zukunft, 1992 (oder in neuen Versionen 2021), in San Francisco. Die Erde ist nach einem letzten großen Atomkrieg nicht mehr wirklich bewohnbar. Tiere und Pflanzen sind so gut wie ausgestorben, was lebendige Tiere zu Statussymbolen macht. Die Mehrheit der Menschen lebt inzwischen auf dem Mars, wo sie von Androiden bedient werden. Die wenigen auf der Erde verbliebenen Menschen werden von Werbung für die Auswanderung auf den Mars bombardiert – was in Anbetracht dessen, dass sie auf der Erde wegen der Strahlung unfruchtbar werden können, eine gute Wahl zu sein scheint. Denn jeder, der durch die Strahlung beeinfluss unfruchtbar oder geistig degeneriert wird, gehört zu der ausgestoßenen Klasse der Speziellen und darf die Erde nicht verlassen.
Wie es den Menschen auf dem Mars ergeht, weiß man nicht wirklich, aber Androiden scheint es nicht besonders gut zu ergehen, denn immer mehr von ihnen tauchen auf der Erde auf. Hier werden sie als Bedrohung angesehen und werden von Kopfgeldjägern aufgespürt und ausgeschaltet. So ein Kopfgeldjäger ist unser Held, Rick Deckard. Er kann sich von seinem Verdienst kein echtes Tier leisten, so sehr er sich das wünscht, und freut sich, als er die Gelegenheit bekommt, gleich mehrere Androiden auszuschalten. Er könnte mit einem Schlag genug Geld haben, um zumindest eine Anzahlung auf ein echtes Tier leisten zu können. Doch leicht wird seine Aufgabe nicht. Androiden von Menschen zu unterscheiden ist immer schwieriger. Ein Test, der die Empathie prüft, soll dabei helfen. Doch die neuesten Modelle der künstlichen Lebensformen sind sehr gut darin, menschliche Gefühle vorzutäuschen.
Und dieser Punkt ist es, der diese Geschichte so besonders macht. Wann ist eine Maschine mehr als nur eine Maschine? Ist es ein Fehler, Mitgefühl für Androiden zu entwickeln? Wenn man daran zweifelt, ob man selbst ein Mensch ist, mit welchem Recht entscheidet man dann über andere? Was 1968 pure Fantasie war, kann heute sehr bald zur Wirklichkeit werden. Einen Test zur Unterscheidung von Mensch und Maschine gibt es ja bereits seit 1950, doch dieser zielt nicht auf Gefühle oder ein vorhandenes Bewusstsein ab. In seinem kürzlich erschienenen Buch fragt sich Marcus de Sautoy, ob Maschinen Kreativität entwickeln können.
Dick geht mit seinen Fragen noch weiter, und stellt in seinem Buch letztendlich die ganze Realität der Menschen in Frage. Die Religion der auf der Erde verbliebenen Menschen, die von allen geschaute Fernsehsendung, die in der Natur gefundenen Tiere, die menschlichen Gefühle, nichts und niemand scheint echt zu sein. „Träumen Androiden von elektrischen Schafen“ ist verdient bis heute ein Klassiker, denn auch wenn die Zukunftstechnologie im Buch sein Alter verrät, doch sind die aufgeworfenen Fragen noch immer aktuell (oder heute erst recht?) und werden es wahrscheinlich noch lange sein.
Diverses
Der erste Satz:
Ein munterer kleiner Stromstoß, der automatische Weckruf, den die Stimmungsorgel an seinem Bett ihm schickte, ließ Rick Deckard erwachen.
Impressum:
Autor: Philip K. Dick
Titel: Blade Runner
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Manfred Allié
Seitenzahl: 272
Verlag: Fischer Taschenbuch
Erschienen: 2019
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