Luciano Rezzolla: Die unwiderstehliche Anziehung der Schwerkraft

Es ist erst wenige Jahre her, dass zum ersten Mal ein Schwarzes Loch fotografiert werden konnte. Die Nachricht ist damals um die Welt gegangen, die meisten haben sicher sogar noch dieses etwas verschwommene Bild vor Augen von einem rot-orangen Kreis und einem dunklen Fleck in der Mitte. Ich fand das damals unglaublich faszinierend, denn Schwarze Löcher fand ich schon immer geheimnisvoll. Und nun hatten sie ein Geheimnis weniger.

Einer der führenden Forscher, die dieses Geheimnis dem Universum entlockt haben, ist Luciano Rezzolla. Er ist Professor für Theoretische Astrophysik und Direktor des Instituts für Theoretische Physik an der Universität Frankfurt. Der Professor, der es gewohnt ist, sich mit angehenden Physikern in der Sprache der Mathematik über astrologische Phänomene zu unterhalten, nahm sich mit diesem Buch nicht weniger vor, als über die Schwerkraft auf eine Art zu reden, dass ihn jeder versteht. Das scheint eine mindestens so große Herausforderung zu sein, wie ein Schwarzes Loch zu fotografieren. Doch auch das schafft er mit bravur.

Dafür geht er erst mal in der Geschichte zurück, um aufzuzeichnen, wie es über die Jahrhunderte versucht wurde, die Schwerkraft zu erklären. Und wie diese Erklärungen zu eine grundsätzlichen Entwicklung der Wissenschaft der Physik beigetragen hat. Und obwohl ich die Sorge hatte, dass er mich spätestens nach Newton verliert, hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass ich ein Grundverständnis für Einsteins Relativitätstheorie gewonnen habe. Dabei stören die hin und wieder doch eingeworfenen Gleichungen nicht, sie dienen zwar einer gewissen Veranschaulichung, werden aber immer erklärt. Denn der Professor kennt sein Publikum.

Immer wieder greift er daher zu Vergleichen, die wirklich jeder nachvollziehen kann. Um über die Raumzeitkrümmung verständlich erzählen zu können, vergleicht er sie mit einem Bettlaken. Und wer von uns kennt die Probleme nicht, die ein Spannbettlaken mit sich bringen kann? Auch wenn das Thema nicht einfach ist, helfen die Vergleiche beim Verständnis und bringen es näher – so wie ein Foto von einem Schwarzen Loch… Um ein Beispiel zu zeigen:

Für einen noch anschaulicheren Vergleich denken Sie daran, dass ein einziger Kubikzentimeter Material eines Neutronensterns – also das Volumen eines Zuckerwürfels – eine Masse enthält, die der gesamten Alpenkette von Ligurien bis zum Friaul entspricht. Achtung: Ich beziehe mich nicht auf das Gewicht – auch wenn der Vergleich richtig wäre -, sondern auf die Anzahl der Atome (eigentlich der Protonen, Neutronen und Elektronen), die unser Neutronensternwürfel enthält. Wenn wir sie einzeln durchzählen würden, stellten wir fest, dass ihre Anzahl mit der der Atome in der Bergkette vergleichbar ist!

Seite 89

Trotz dieser vereinfachten Erklärungen, hält man kein allzu einfach zu lesendes Buch in der Hand. Das Thema ist komplex, und es erfordert Konzentration, immer mitzukommen – zumindest wenn man, wie ich, keinen naturwissenschaftlichen Hintergrund hat. Aber es lohnt sich, Zeit und Energie ins Lesen zu stecken, ich kann es jedem, der sich für das Weltall und ganz besonders für Schwarze Löcher interessiert, nut empfehlen.


Diverses

Vielen Dank an dieser Stelle an den C.H. Beck Verlag für das Rezensionsexemplar.

Der erste Satz:

Die Schwerkraft zieht an: Um dieses so selbstverständliche Phänomen hervorzuheben, braucht es nicht erst dieses Buch.

Impressum:

Autor: Luciano Rezzolla
Titel: Die unwiderstehliche Anziehung der Schwerkraft
Aus dem Italienischen: Einrico Heinemann
Seitenzahl: 269
Verlag: C.H. Beck
Erschienen: 2021
© Verlag C.H. Beck oHG

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