Eine Studentin wird in einem Hörsaal der Universität in Tübingen tot aufgefunden. War es Mord? Oder einfach nur Herzversagen? Feststellen lässt sich die Todesursache nicht eindeutig. Den Schlüssel zur Antwort könnte eine geheimnisvolle Notiz der Studentin bieten, doch die Polizei hält nicht viel davon. Durch Zufall kommt die Notiz in die Hände des Malers Max Kersting, der vom rätselhaften Fall fasziniert ist und anfängt, auf eigene Faust zu ermitteln. Bald wird er selbst zur Zielscheibe und es passiert ein (weiterer?) Mord. Mit „Herbarium, giftgrün“ hält man einen spannenden Krimi in der Hand, den ersten, aber hoffentlich nicht letzten von Gert Ueding. Doch dieses Buch ist viel mehr, als die Geschichte eines Verbrechens.
„Beschaulich? War Tübingen wahrscheinlich nie. Dafür hat die Universität schon gesorgt. Die Professoren sind die verlogensten Kreaturen, verlogener und korrupter als die Politiker. Egozentrisch, niederträchtig und korrupt.“
Seite 34
Gert Ueding ist Germanist und Literaturkritiker, für viele jedoch am besten als Rhetorikprofessor bekannt – an der Universität in Tübingen leitete er viele Jahre lang das Seminar für Allgemeine Rhetorik. Er kennt also sowohl die Universität Tübingens, als auch die Stadt sehr gut. Umso überraschender ist seine Kritik am Wissenschaftsbetrieb (und an heutigen Studenten/Studierenden), was dem Buch eine besondere Pikanterie verleiht.
Sein Held ist aber keiner der Professoren, und die Ermittlung gibt der Autor auch nicht der Polizei in die Hand. Max Kersting ist ein erfolgreicher Maler, den seine Kunst nicht mehr ganz zu erfüllen scheint. Anders lässt es sich nicht erklären, warum ihn das Rätsel, das ihm mittels eines kleinen Zettels herangetragen wird, so mitreißt. Auch als er kurze Zeit später angegriffen wird, ist der Hobbyermittler nicht abgeschreckt, ganz im Gegenteil. Während man ihn als Leser immer mehr ins Herz schließt, begibt er sich in immer gefährlichere Situationen. Seine Überlegungen und die Spuren, auf die er stößt, erlauben es auch dem Leser, mitzudenken, und das ist etwas, was ich bei Krimis sehr schätze.
Doch was dieses Buch wirklich zu einem besonderen Erlebnis macht, sind nicht nur interessante Geschichte und das großartige Setting an der ehrwürdigen Universität. Ueding zeigt sich als Meister der Sprache, und damit hebt er das Buch auf eine neue Ebene. Hier ist jedes Wort mit Bedacht gewählt, doch was mir noch lange in Gedächtnis bleiben wird, ist die besondere Art, wie Ueding die Zeit in den spannendsten Situationen einfängt und wie in Zeitlupe ablaufen lässt. Ich musste immer wieder daran denken, dass er hier etwas, was wir aus Film und Fernsehen kennen, in Sprache übersetzt hat – und ich wüsste nicht, ob ich so etwas schon mal in einem Buch erlebt habe.
Mir hat „Herbarium, giftgrün“ nicht nur was den Inhalt angeht sehr gut gefallen: An dieser Stelle auch noch erwähnen, dass es eine Freude ist, das Buch in die Hand zu nehmen oder auch nur anzusehen. Ich hoffe, dass Gert Ueding Lust auf Krimis bekommen hat und vielleicht weitere Fälle mit Kersting schreibt. Ich würde sie gerne lesen.
Diverses
Vielen Dank an dieser Stelle an den Kröner Verlag für das Rezensionsexemplar.
Der erste Satz:
Festlichkeiten dieser Art waren Kersting zuwider.
Impressum:
Autor: Gert Ueding
Titel: Herbarium, giftgrün
Seitenzahl: 340
Verlag: Kröner Verlag, Edition Klöpfer
Erschienen: 2021
© Alfred Kröner Verlag
Ich finde das Cover sieht schon sehr faszinierend aus!